AVC Report /2022 Pakistan Christen stolz Hashmat
21. Oktober 2022

Stolz darauf, Christen zu sein

PAKISTAN
Zusammen mit seinen Begleitern wird er auf dem Flughafen von vier strahlenden Pakistani überaus herzlich mit Blumen begrüßt. Als Mann mit Blumen empfangen zu werden, ist ihm genauso wenig vertraut wie das Land selbst.

Samuel Franz | Länderverantwortlicher

Partner Pastor Hanook, Mitglied unseres Empfangskomitees, erkenne ich von den Fotos. Er wird Friedhelm Ernst, Uwe Heimowski (Politik-Beauftragter der Deutschen Evangelischen Allianz) und mich während unseres gesamten Aufenthalts begleiten.

Undercover-Gast  Mir ist bewusst, dass es die Christen in Pakistan nicht leicht haben. Umso erstaunlicher das unübersehbare Kreuz, das am Rückspiegel des Wagens von Pastor Hanook hängt. Seine Erklärung: »Wir sind stolz darauf, Christen zu sein.«

Pakistan ist eine islamische Republik mit einer christlichen Minderheit von etwa 2 %. Letztere hat offiziell zwar das Recht, ihren Glauben zu leben, aber im Alltag sieht es anders aus. Christen müssen vorsichtig sein und zu keinerlei Vorwürfen Anlass bieten. Solche werden leider nur allzu häufig und völlig willkürlich erhoben. Das Blasphemie-Gesetz gibt die Handhabe dazu. Die Anschuldigung der Beleidigung des Propheten Mohammed oder der Gotteslästerung führt, selbst wenn sie völlig haltlos ist, zur Verhaftung, manchmal auch zur Lynchjustiz durch einen aufgebrachten Mob. Und kommt es nach meist mehrjähriger Untersuchungshaft schließlich doch noch zu einem Prozess, so droht lebenslang Gefängnis oder gar die Todesstrafe.

Bei unserem Besuch hören wir Berichte, wonach Christen eingeschüchtert und in finanzielle Abhängigkeit gebracht worden seien. Anschließend erhielten sie das Angebot eines Schuldenerlasses – falls sie gewillt wären, ihre Töchter muslimischen Männern zu geben oder selbst zum Islam zu konvertieren.

Hinzu kommt die Gefahr, Zielscheibe von Extremisten zu werden. Wir besuchen einen Außenbezirk von Peshawar, wo Anfang dieses Jahres ein schwerer Anschlag verübt wurde. Ein Pastor wurde in seinem Auto erschossen und sein Mitarbeiter schwer verletzt.

Wie wir bei der Kirche unseres Gastgebers ankommen, öffnen schwer bewaffnete Wachleute ein großes Stahltor. Erst nachdem es hinter uns geschlossen ist, dürfen wir das Fahrzeug verlassen. Wir sollen als Gäste keine Aufmerksamkeit wecken. An einen Spaziergang außerhalb des ummauerten Geländes ist nicht zu denken. Für uns geht das Gefühl der Bedrohung und des Eingeschlossenseins mit unserer Heimreise zu Ende. Für die Christen in Pakistan bleibt es bestehen.

Unter einem Dach  Auf dem Gelände unseres Partners befinden sich Schule und Gemeindesaal unter einem Dach. Die mit Unterstützung von AVC gegründete Schule bietet 400 christlichen Kindern eine gute Schulbildung. Ein ausgezeichneter Abschluss ist für sie besonders wichtig, damit sie trotz massiver Benachteiligung in dieser Gesellschaft einen Ausbildungs- oder Studienplatz bekommen können. Das wiederum gibt ihnen die Möglichkeit, als Christen mitzuhelfen, ihr Land voranzubringen und positiv zu verändern.

Wir betreten den Gemeindesaal im Keller und tauchen sogleich ein in einen orientalisch geprägten Lobpreis: Im Gottesdienst der Missionsschule werden 16 Teilnehmer, die an einem mehrmonatigen Kurs teilgenommen haben, für ihren Dienst gesegnet.

835 minus 11  Der eigentliche Anlass unserer Einladung nach Pakistan ist jedoch eine Missionskonferenz. Als ich das erste Mal davon hörte, konnte ich es kaum glauben. Christen in Pakistan wollen sich offen treffen, um Strategien zu entwickeln, wie sie den Missionsauftrag erfüllen können! Erlaubt ist ihnen nur die Arbeit unter den nicht-islamischen religiösen Minderheiten. Nach Angaben des Joshua-Projekts gibt es in Pakistan 835 Volksgruppen, von denen nur elf als erreicht gelten. Die übrigen 824 liegen unseren Partnern am Herzen.

Die rund 200 Teilnehmer des Treffens, meist Leiter und Mitarbeiter, beten mit Hingabe für ihr Land. Während des Gebets kommen einzelne nach vorne. Sie stechen Fähnchen in eine Landkarte ein, um für die markierte Region zu beten, dorthin zu gehen oder andere darin zu unterstützen. Auch jenseits des Kartenrands sehe ich Fähnchen und vermute Orte in Afghanistan und dem Iran. Ihr Mut berührt mich.

Am letzten Abend der Konferenz weihen sich 77 Teilnehmer dem Missionsauftrag. Andere erneuern ihre Berufung und verpflichten sich, unerreichte Volksgruppen aufzusuchen. Ein leitender Pastor berichtet, dass Gott ihn durch den Vers in Josua 1,3 ermutig habe: »Jeden Ort, den euer Fuß betreten wird, gebe ich euch, wie ich es Mose versprochen habe.« Bereits seit Jahren ist er in der Ausbreitung der Guten Nachricht im Norden des Landes involviert. Im Herbst werden sie einige Teams in diese Gebiete schicken. Sie sind dankbar für jede Gebetsunterstützung.

Offenes Gefängnis  Eine Begegnung hat mich besonders berührt. Wir sitzen mit Pastor Hanook und seiner Frau zusammen. Sie erzählt, sie könne sich praktisch nur auf dem umzäunten Gelände und in ihrer Wohnung aufhalten. Diese hat aus Sicherheitsgründen fast keine Fenster und demnach nur sehr spärlich Tageslicht. Pastor Hanooks Frau hat Angst um ihren Mann, da dieser in der Öffentlichkeit steht und oft unterwegs ist. Berichte von Attentaten auf geistliche Leiter belasten sie sehr. Trotzdem möchte sie, dass ihr knapp zweijähriges Mädchen unbelastet aufwachsen kann. Haltung zu bewahren, kostet sie viel Kraft. Die erdrückende Enge und die Sorge um ihren Mann bringen sie an die Grenze des Erträglichen.

Wieder zu Hause im sicheren Deutschland, bewegen mich Begegnungen wie diese und der Mut und die Hingabe der Christen Pakistans weiter. Unsere Brüder und Schwestern brauchen dringend unser Gebet und unsere Unterstützung.

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