Unbekannte Helden
Nikolai Kolois stammt aus Sarny in der Ukraine; er ist 55 Jahre alt. 2019 erkrankte er an Krebs und wurde aus dem Krankenhaus zum Sterben nach Hause geschickt. Doch es kam anders. Er sagt: »Jesus Christus hat mich geheilt!« Aus Dankbarkeit setzt Nikolai sein neu geschenktes Leben für seine Mitmenschen ein.
Als einer der mutigen Kuriere von AVC fährt er Hilfsgüter in die besetzten Gebiete der Ostukraine. Er holt die Sachen aus dem Zentrallager ab und bringt sie bis in den Donbass. Rückkehr jedes Mal ungewiss. Warum er das macht? »Ich möchte die Liebe Gottes, die ich erfahren habe, ganz praktisch weitergeben.« Kürzlich sandte er uns ein Video. Darin zu sehen ein tiefer, rauchender Krater in der Straße und rundherum zerstörte Häuser. Wäre Nikolai nur fünf Minuten eher an dieser Stelle gewesen, hätte die Bombe auch ihn getötet. Erneut hat Gott sein Leben bewahrt.
Die AVC-Zentrale in Nidda hat bereits etliche Flüchtlingsfamilien aufgenommen und weitervermittelt. So auch Aljona, die »zufällig« bei uns gelandet ist. Sie stammt aus Belajuzerkav im Verwaltungsbezirk Kiew. Nach Tagen im Keller machte sie sich zusammen mit ihrer kleinen Tochter und ihrer Schwester auf den langen Weg nach Polen. Nach eineinhalb Tagen Wartezeit vor der polnischen Grenze konnten sie diese endlich passieren. Doch Polen war längst überlaufen. So entschieden sie sich zur Weiterfahrt nach Deutschland, wo sie niemanden kannten.
Zwei weitere Frauen mit ihren Kindern, die sie in Polen kennengelernt hatten, schlossen sich ihnen an. Beim Halt an einer Tankstelle trafen sie auf Leute von AVC, die gerade Flüchtlinge aus Polen abgeholt hatten, um sie in die Zentrale nach Nidda zu bringen. Sie boten Aljona an, sich ihnen anzuschließen. Eine Reise ins Ungewisse! Aljona: »Ich hatte mir sehr große Sorgen gemacht, in was für Kreise wir kommen würden. Als ich dann sah, wie freundlich diese Leute zu uns waren, war ich sehr erleichtert.« AVC vermittelte die aufgenommenen Flüchtlinge in Privatunterkünfte. Die vier ukrainischen Frauen und ihre Kinder leben jetzt alle bei einer Frau mit großem Herzen und großem Haus. »Ich danke Gott jeden Tag, dass ich hier sein darf«, sagt Aljona.
Der mit Gewalt ausgetragene Konflikt in der Ukraine hat eine unglaubliche Welle der Solidarität seitens der Bevölkerung ausgelöst. Hunderte Tonnen Sachspenden flossen in die Lagerhallen unserer Zentralen in Deutschland und in der Schweiz. Hier wurden die Güter von unseren Mitarbeitenden – unterstützt von zahlreichen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern – entgegengenommen, sortiert, verpackt, verladen und auf den Weg zu unseren Partnern in die Ukraine sowie ins benachbarte Polen, Moldawien und Rumänien geschickt.
Hunderte von Flüchtlingen – mehrheitlich Frauen mit Säuglingen, Kindern und Jugendlichen – suchen seit Kriegsbeginn Sicherheit und Schutz in Moldawien. Das Team unseres langjährigen Partners, Pastor Viktor, stand von Beginn an Tag und Nacht bei Minustemperaturen mit Bussen an der Grenze. Bis heute haben sie schon viele hundert frierende, hungrige, traumatisierte Menschen in unser Zentrum in Sarata Galbena gebracht. Dort stehen für sie Betten, Duschen, Hilfsgüter und Mahlzeiten zur Verfügung. Dazu haben bis Redaktionsschluss hunderte Tonnen von Hilfsgütern die Lagerhallen der AVC-Zentrale in Safnern (CH) von AVC in Richtung Osten verlassen.
Um das Zentrum Sarata Galbena zu entlasten und noch mehr Flüchtlingen ein vorübergehendes Zuhause anbieten zu können, werden jetzt mit Hochdruck die Hallen eines künftigen Kindercamps ausgebaut. Es entstehen Schlafsäle, Sanitäranlagen und Küchen. Im umliegenden Gebiet hat AVC zudem den Kauf von Immobilien finanziert, mit Platz für zahlreiche Familien.
In Sarata Galbena betreibt AVC auch eine Bäckerei zur Versorgung lokaler Bedürftiger. Im vergangenen Jahr investierten wir in vier neue, große Backöfen. Nun können nebst Einheimischen auch Flüchtlinge versorgt werden. Mit den Öfen konnten wir die Produktion verdoppeln. 1500 Brote werden täglich durch ein Fenster an die Menschen abgegeben, die dort in einer Schlange anstehen.
Mit einem Truck, vollgeladen mit Hilfsgütern und Lebensmitteln, ist unser Partner nach Odessa gefahren. Diese sind an die Bevölkerung der Stadt und der umliegenden Dörfer verteilt worden. Hier herrscht große Not, aber mit den Hilfsgütern wird auch Hoffnung gebracht. In Kellern, wo Menschen zum Schutz vor Bomben untergetaucht sind, bringt Viktor die Gute Nachricht, singt und betet mit den Leuten.
Via unseren Partner Daniel Jonas hat AVC auch Organisationen unterstützt, die an zwei ukrainischen Grenzübergängen zu Rumänien aktiv sind. In Sighetul Marmatiei etwa die Fundaţia Solomon, die Ferienlager mit 250 Betten ihr Eigen nennt. Die Flüchtenden bekommen warme Mahlzeiten, können duschen, ihre Kleider waschen und erhalten bei Bedarf auch neue. Nachdem sie sich ein paar Tage ausgeruht haben, wollen sie meist weiterreisen in Richtung Westen, und dafür erhalten sie Tickets für Bus oder Bahn. Die Stiftung kümmert sich auch auf ukrainischem Boden um Flüchtlinge: Bleibt die Grenze für mehrere Tage geschlossen, dann gehen sie rüber mit Decken, Essen und warmen Getränken.
Und in allem bietet sich immer wieder die Gelegenheit, das Evangelium in vollen Zügen weiterzugeben und Menschen die Liebe Gottes auf praktische Weise erfahren zu lassen.
Bild 1: Aljona
Bild 2: Dankbare Abnehmer der Lebensmittel in der Ukraine